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JAHRESMITARBEITERGESPRÄCH - ABER RICHTIG

Aktualisiert: 15. Apr. 2023

Der Ärger mit den Jahresmitarbeitergesprächen - 10 unausrottbare Irrtümer


Immer um die Jahreswende heisst es von Chefseite: "Ach komm, jetzt müssen wir noch die Alibiübung fürs HR veranstalten. Ich weiss zwar auch nicht, was das bringen soll, schliesslich weiss ich ja, wie du arbeitest, aber es ist halt obligatorisch. also kreuzeln wir das doofe Formular halt rasch durch...."

ROTE KARTE! Wer als Führungsverantwortlicher so mit einem der wichtigsten Führungsinstrumente umgeht, handelt geschäftsschädigend, kommt seinen Pflichten gegenüber den Mitarbeitern nicht nach und schiesst sich gleich noch ins eigene Knie. Ausreden wie: "Von der anderen Seite kommt ja auch nicht viel, und vom HR hörst Du nach der Abgabe sowieso nie wieder was!" sind keine Entschuldigung, sondern höchstens ein Indiz, dass das Problem offenbar im ganzen Unternehmen nicht erkannt wird. Einzelcoachings helfen hier wenig. Der ganze Workflow muss durchdacht, firmenspezifisch konzipiert und anschliessend in kurzen Seminaren trainiert werden, wenn er den erwarteten Nutzen erbringen soll.


Das Jahresmitarbeitergespräch (JMAG) hat drei Hauptnutzen:

A) Erheben fundamentaler Daten für Personalplanung und Personalpolitik - Daten (sofern sie vollständig und korrekt sind) sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Eine Konzern- oder Geschäftsleitung ohne belastbare Daten befindet sich im Blindflug. Ausserdem bedarf die zunehmende Verrechtlichung auch der Arbeitsbeziehungen belastbarer Fakten.

B) Natürlich ersetzt das JMAG nicht die vielen einzelnen, informellen oder themenbezogenen Gespräche, die Sie als Vorgesetzte hoffentlich permanent führen. Doch nur im JMAG (ev. noch in einem Halb-JMAG) findet eine Gesamtsicht von beiden Seiten statt. Mitarbeitende haben ein RECHT darauf, ausgewogen und unter Einbezug aller Aspekte eingeschätzt zu werden. Und Sie als Chef wären blöd, sich diese einzigartige Gelegenheit entgehen zu lassen, mit dem MA die jeweiligen Sichtweisen im vollständigen Zusammenhang darlegen zu können.

C) Ohne JMAG ist keine verbindliche und umfassende Zielvereinbarung, möglich. Und um die - nicht ums Notenverteilen - geht es im wichtigsten Gespräch des Jahres!


Hier also 10 der gröbsten Irrtümer über das Jahresmitarbeitergespräch:

  1. URTEIL STATT EINSCHÄTZUNG: Schon im Wort "Mitarbeiterbeurteilung" steckt das Unheil: Wer fällt Urteile.....? Eben. Sprechen Sie lieber von (gemeinsamer) Einschätzung. Wer geschätzt wird bringt sich eher ein. Unterschiedliche Einschätzungen von Vergangenem sind nichts Schlimmes! Im Gegenteil, sie weisen auf akuten Gesprächsbedarf hin.

  2. RÜCKBLICK STATT ZIELVEREINBARUNG: Anstelle einer Abmachung, wohin man (gemeinsam) will, wohin sich der Mitarbeiter entwickeln könnte - oder welche schon erreichten Ziele wie gesichert werden sollen - verlieren sich Vorgesetzte und Mitarbeitende oft in ellenlangen und kleinlichen Aufrechnungen von Geschehenem - das ohnehin nicht mehr zu ändern ist. Faustregel: Rückblick 20% der Zeit; Ausblick 80%!

  3. KONSENS STATT VERBINDLICHKEIT: Es ist völlig normal, dass Mitarbeiter, Vorgesetzte und Unternehmen unterschiedliche Ziele haben. Vom MA zu verlangen, dass er die Firmenziele über seine eigenen stellt, würde bedingen, dass er massgeblich am Unternehmen beteiligt würde. Sozial erwünschte Aussagen verstellen nur den Blick auf die Wirklichkeit: Zielkonflikte sind normal. Es geht nicht um die Übereinstimmung von Interessen, sondern darum, Unterschiedlichkeit zu verbindlicher Übereinkunft zu bündeln: halt echte Führungskunst!

  4. WÜNSCHE STATT ZIELE: Schludriges Denken, Beliebigkeit in der Formulierung, Ungenauigkeit bei den Fakten führen nicht zu Zielen, die von den Mitarbeitenden wirklich erreicht werden wollen. Nur SMARTe Ziele (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/SMART_(Projektmanagement) sind erreichbare Ziele. Leadership hat viel mit wissen wollen zu tun.

  5. WARTUNGSINTERVALLE GELTEN NUR FÜR GERÄTE: ”Erwachsen werden heisst, wenigstens nicht mehr auf sich selber hereinzufallen!" (Dani Solimine) Das gilt speziell für Führungsverantwortliche. Wer nicht bereit ist, mindestens einmal im Jahr sein subjektives Bild vom Mitarbeiter möglichst unvoreingenommen Punkt für Punkt zu überprüfen, taugt nicht als Chef. Eine zielführende VORBEREITUNG braucht halt Zeit. Wer die Unterlagen erst 5 Minuten vor dem JMAG zu Rate zieht, hat dessen Sinn gründlich missverstanden.

  6. INHALT VOR VERBINDUNG: Wer sich als Vorgesetzter an 364 Tagen aufführt wie Donald Trump, ist am JMAG unglaubwürdig als Verfechter von Respekt, Offenheit, Wahrhaftigkeit und Aktivem Zuhören. Das notwendige Vertrauen für ein gehaltvolles JMAG müssen sie schon vorher aufbauen.

  7. DAS JMAG FINDET IN EINEM VAKUUM STATT: Beim JMAG sitzen sechs Teilnehmer/innen am Tisch nicht nur zwei. Jede/r ist als PERSON, in seiner FUNKTION und in der durch Zuschreibung und Verhalten bestimmten ROLLE anwesend. Weder Über- noch Unteridentifikationen sind für ein glaubwürdiges Resultat hilfreich. Im Umgang mit der wertvollsten Ressource des Unternehmens, dem motivierten Mitarbeiter, kann gar nicht zu viel Führungstraining betrieben werden.

  8. IM JMAG GEHT ES NUR UM MACHT: Der Chef muss nicht RECHT HABEN, nicht GEWINNEN und auch nicht GEFALLEN. Sondern die kritischen Themen fair, vollständig, verbindlich thematisieren, behandeln, erledigen. Communication skills sind keine “nice to have”-Kompetenzen für das Management.

  9. RÜCKMELDUNG GEHT AUCH IRGENDWIE AUS DEM BAUCH: Ein FEEDBACK ist kein KRITIKGESPRÄCH ist keine EINSCHÄTZUNG. Gefühlte 95% aller Führungskader machen daraus ein Birchermüesli. Mit Rollmops. Und Parmesan. Ungeniessbar und nutzlos!

  10. FORM UND DISZIPLIN SIND ALLES: Pensioniert bitte Eure inneren SCHULMEISTER, BEAMTEN und FELDWEIBEL! Es geht weder darum, den Mitarbeiter zu belehren oder gar zu massregeln. Formulare sind ein Hilfsmittel zum Erzielen einer Vereinbarung, keine Heilige Schrift, der wir huldigen müssen. Wo etwas nicht zutrifft. einfach streichen! Auch hier gilt die Cheftugend: Priorisieren und eindeutig kommunizieren!








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